Geschichte und Entwicklung der Rüstung von der Antike bis zum Hochmittelalter
Inhaltsverzeichnis
Älteste Formen
Schon in der Antike haben unsere Vorfahren darüber nachgedacht, wie sie sich vor Waffen und gegen Verwundung schützen können. Die Anfänge der Rüstungen greifen auf natürliche Materialien zurück - zuerst verwendete man Fell oder Leder. Dann hat man diese mittels Horn-, Holz- oder Metallplatten verstärkt, und dadurch die ersten Rüstungen hergestellt. Als Menschen die Metallverarbeitung beherrschten, konnten sie Rüstungen aus Kupfer- oder Bronzeschuppen herstellen, und später Bronzepanzer, Helme und Beinschiene.
Mykenische schwere Rüstung aus Bronze und ein Lederhelm mit Eberhauern (ca. 15. Jahrhundert v. Chr.), ausgestellt im Archäologischen Museum in Dendra
Quelle: Archiv von Edgar Pachta
Rüstungen der Griechen, Römer und Kelten
Die griechischen Hopliten, oder auch die „Schwerbewaffneter“, verwendeten Brustpanzer aus Bronze (anfänglich meist ein Glockenpanzer), die an die Seiten durch Stiften und Bändern verbunden wurden. Diese Rüstung hatte später eine anatomische Form, die die Körperproportionen eines muskulösen Mannes nachahmten (Muskelpanzer). Die Hopliten benutzten auch einfache Leinenpanzer, verstärkt, mit Metallplatten.
Hinzu kam der Helm aus Bronze, der sogenannte korinthische Helm, oft mit Helmbusch aus Pferdehaar verziert. Die alte makedonische Armee ersetzte die schweren Rüstungen durch Lederrüstung oder Leinenpanzer verstärkt durch Metallplatten. Der schwere korinthische Helm schränkte die Sicht oder Hörfähigkeit ein, und wurde später durch einen einfacheren Konoshelm (auch Pilos-Helm).
Die Kelten kämpften manchmal nackt (wahrscheinlich, weil Wunden am nackten Körper besser heilen), aber sie trugen auch Helme und Bronzepanzer. Ihnen wird die Erfindung der Kettenrüstung zugeschrieben - Rüstung aus ineinander verflochtenen kleinen Metallringen. Der relativ leichte, atmungsaktive und flexible Kettenrüstung wurde von den Römern übernommen und war im Mittelalter als Ritterrüstung häufig verwendet.
Centurio und Trompeter (im Kettenhemd) der römischen Legionen des 1. - 2. Jahrhundert n. Chr. Darstellung von Mitgliedern der KVH Legio X Gemina
Foto: Edgar Pachta
Neben Kettenrüstung verwendeten die Römischen Legionen auch Schuppenpanzer und Lamellenpanzer. Ein weiteres charakteristisches Merkmal des römischen Soldaten war der Helm des „kaiserlich-gallischen Typs“, der in vielen Varianten zur Verfügung war.
Römischer Legionär in voller Rüstung, 1. - 2. Jahrhundert n. Chr. (Legio X)
Foto: Edgar Pachta
Invasion der Barbaren
Barbaren, die zum Untergang des Weströmischen Reiches beitrugen, drückten ihre Männlichkeit gerne dadurch aus, dass sie mit nacktem Oberkörper kämpften. Rüstungen (meist durch Raub erworben) waren das Vorrecht ihrer Häuptlinge. Sie eroberten und plünderten Rom, und ihr Vormarsch wurde nur durch die massiven Mauern von Konstantinopel gestoppt.
Ein Fragment eines römischen Schuppenpanzers, gefunden in der Nähe von Hradisko (Tschechien)
Quelle: Visitors Centre Mušov – Gateway to the Roman Empire, Tschechien
Hier, im östlichen Teil des Römischen Reiches, wurden Platten- und Schuppenpanzer entwickelt. Sie schützte nicht nur die Soldaten (insbesondere Reiter), sondern auch ihre Pferde.
Die byzantinische Art schwerer Kavallerie ähnelte den „Kataphrakten“. Die byzantinischen Soldaten benutzten Rüstungen aus Metallplatten oder Schuppen unterschiedlicher Größe und diese Rüstungen waren lange Zeit ihr typisches Merkmal.
Rekonstruktion eines römischen Legionärs in Kettenhemd und Schuppenpanzer aus dem 3. Jahrhundert n. Chr.
Quelle: Visitors Centre Mušov – Gateway to the Roman Empire, Tschechien
Rüstungen im Westen
Im späten 5. Jahrhundert n. Chr. entstand das Fränkische Reich, dessen Panzerreiter waren speziell schwer bewaffnete gepanzerte Reiter, die als Vorläufer der mittelalterlichen Ritter gelten. Die fränkischen Panzerreiter trugen eine sehr teure Rüstung - ein Kettenhemd oder Schuppenpanzer und einen „Wams“ darunter. Hinzu kamen ein Kamm- oder Spangenhelm als Kopfschutz.
Wikinger Helm mit Kettenbrünne, Vendel Zeit
Normannen und Kreuzfahrer
Die Wikinger trugen sehr hochwertige Kettenrüstungen. Diese Kettenrüstungen waren auch sehr beliebt bei Normannen, die unter Herzog Wilhelm dem Eroberer die Angelsachsen besiegten (Schlacht bei Hastings 1066), und auch bei den Kreuzrittern des Ersten Kreuzzuges.
Ein normannischer Ritter aus dem 11. Jahrhundert.
Quelle: Curia Vítkov
Diese lange Kettenrüstungen wurden nicht nur aus Metallringen gefertigt, sondern auch aus Metallplatten oder Schuppen. Jedes Stück dieser Rüstung war mit einem Lederband zusammengebunden. Der Spangenhelm wurde durch einen einfacheren Typ (Wenzel Helm) ersetzt, der aus einem einzigen Stück Stahlblech geschmiedet wurde.
Kettenrüstung oder Kettenpanzer bestand aus ineinander verflochtenen Ringen mit einer Dicke von etwa 1 mm und einem Innendurchmesser von 6-8 mm. Kettenhemden bestanden je nach Größe und Länge aus etwa 20.000 Ringen und wogen 20 kg, der Helm wog etwa 2 kg.
Die Byzantiner trugen Schuppenpanzer, und Kettenrüstung war nur sehr selten zu sehen.
Die türkischen Seldschuken, die im 11. Jahrhundert die Kontrolle über Jerusalem übernahmen, trugen dagegen einfache Lederrüstungen. Bald jedoch übernahmen sie von ihren Nachbarn und Rivalen bessere Rüstungstypen und begannen Kettenrüstungen, Helme mit Kettenbrünnen, Ellenbogenschutz und Kniebuckeln aus Stahl zu tragen.
Ritter im Mittelalter
Ab der Wende vom 12. zum 13. Jahrhundert begannen Soldaten auch Beinschutz zu verwenden, und die Kettenhemden konnten verkürzt werden. Unter die Rüstung trugen die Krieger eine gesteppte „Jacke“ - das Gambeson - und über Rüstung einen farbigen Wappenrock.
In den folgenden Jahrzehnten kamen auch weitere Rüstungsteile zum Arm- und Beinschutz hinzu - zunächst aus Leder, später mit Metallplatten und rechteckige Schulterplatten (Ailetten). Zusammen mit einer Rüstung wurde das Gambeson verwendet, ein textiles Rüstungsteil, das entweder aus mehreren Lagen Leinentuch bestand oder mit verschiedenen Materialien ausgestopft war.
Topfhelm nach einer Abbildung aus der bekannten Maciejowski-Bibel des 13. Jahrhunderts.
Die Ritter des 13 und 14 Jahrhunderts trugen einen schweren, zylindrisch geformten Topfhelm (später Kübelhelm). Topf- und Kübelhelme des Hochmittelalters waren ein wirksamer Schutz vor schweren Gesichtsverletzungen, besonders effektiv gegen Lanzenangriff. Dieser Helm war aber auch eher hinderlich - mit der schmalen Sehschlitze bot der Helm nur eingeschränktes Sichtfeld und aus diesem Grund wurde Topfhelm später durch einen leichteren, offenen Helm ersetzt (Hirnhaube, auch Eisenhaube).
Ein französischer Ritter aus der Mitte des 14. Jahrhunderts, mit Kettenrüstung, gepanzerte Schutzweste und Beckenhaube (Basinet)
Originalaquarell: Edgar Pachta
Die Entwicklung von Rüstungsteile mit Platten setzte sich im 14. Jahrhundert fort. Über dem relativ kurzen Kettenhemd wurde eine Schutzweste (der Vorläufer der Brigantine) getragen, mit Eisenplatten verstärkt.
Der schwere Kübelhelm mit Zimier wurde langsam durch leichtere Typen ersetzt (Beckenhaube, Barbuta), oft mit einem klappbaren Visier in Form einer Hundsgugel. Er blieb ein fester Bestandteil der Turnierausrüstung und entwickelte sich zum so genannten Stechhelm.
Plattenpanzer hatte sich später durchgesetzt als typische Bekleidung der schweren Kavallerie des 15. und 16. Jahrhunderts.
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