Das Leben der Wikinger: Besiedlung und Seefahrt
Inhaltsverzeichnis
Die Wikinger besiedelten das grüne Grönland
Das Wort „Wikinger“ leitet sich wahrscheinlich von dem nordischen Wort vík für Flussmündung oder große Bucht. Ein Wikinger war also wahrscheinlich „einer, der in den Buchten wohnt“. In historischen fränkischen Chroniken werden die Wikinger als Normannen bezeichnet, die Germanen nannten sie Ascomanni (Aschemenschen, wahrscheinlich nach dem Material der Speerspitze), die Iren Lochlannach, die Finnen Ruotsi und die Araber Majdus (heidnische Zauberer).
Wikinger mit typischen Rüstungen
Foto: Šárka Bejdová
Im späten 10. Jahrhundert besiedelten die Horden aus dem Norden das damals grüne Land - „Groenland“ oder Grönland. Europa erlebte gerade das sogenannte Mittelalterliche Klimaoptimum - und Grönland war zu dieser Zeit grün. Die skandinavischen Häfen froren im Winter nicht ein, und die grönländische Küste war grün und relativ fruchtbar, was gute Jagd- und Angelmöglichkeiten bot. Erst Jahrhunderte später, als sich das Klima abkühlte und sich die Schifffahrtswege verkürzten, geriet Grönland in die Isolation.
Irland hatte Glück im Unglück, denn die Überfälle der Wikinger stellten eine Verbindung zum Rest der Welt her. Außerdem gründeten die Wikinger hier wichtige Städte, u.a. Dublin.
Wikinger segelten in Drachenschiffen
Die Nordmänner benutzten für alle ihre Kriegs- und Entdeckungsreisen ihre Schiffe. Felsgravuren aus der Bronzezeit zeugen von den Anfängen des Schiffbaus in Skandinavien. Auch die Römer waren mit nordischen Schiffen vertraut, und dank der Entdeckung mehrerer Exemplare können wir uns bereits ein gutes Bild davon machen, wie Schiffe im frühen Mittelalter aussahen.
Ein rekonstruierter Drakkar (Wikingerschiff) aus dem dänischen Hugin
Edgar Pachtas Archiv
Die Wikinger benutzten Langschiffen mit einem erhöhten Bug und Heck. Das berühmteste und größte seiner Art ist das Drakkar (Drachenschiff, dänisch drageskibe), und der Name bezieht sich auf den Stevenschmuck, der als Drachenkopf ausgestaltet war. Diese als Drachenkopf ausgeformten Stevenköpfen waren mit bunten Farben und manchmal mit Gold verziert. Die Wikinger schrieben ihnen Zauberkraft zu, und sie schreckten auch den Feind ein.
Die Schiffe von Herrschern und Königen waren reich verziert, oft mit Gold. Auch die Segel wurden aus mehrfarbigen Streifen genäht. Auch die Schilde, die an den Seiten der Schiffe hingen, waren farbenfroh (z. B. das berühmte Oseberg-Wikingerschiff hatte abwechselnd gelbe und schwarze Schilde).
Es scheint jedoch, dass die Wikinger nicht annähernd so erfahrene Seefahrer waren, wie man heute glaubt. Sie hielten sich möglichst lange in Küstennähe auf und fuhren nur sehr ungern aufs Meer hinaus. St. Olaf, einer der mutigsten nordischen Seefahrer (ansonsten ein Räuber und Mörder), folgte auf seinen Reisen der Küste und reiste manchmal sogar über Land.Um sich schneller fortzubewegen, benutzten die Wikinger ihre Pferde, die sie auch irgendwie in ihren Schiffen transportierten mussten.
Und das war natürlich keineswegs einfach. Dänische Forscher experimentierten in 1963 mit dem Transport von Pferden, wobei sie ein nachgeahmtes Schiff von Ladby benutzten. Das Ladbyschiff hatte einen extrem geringen Tiefgang und niedrige Seitenwände, sodass die Pferde leicht an Land oder auf Grund springen konnten. Der geringe Tiefgang versprach jedoch keine Stabilität auf offener See, und das machte den Transport ziemlich gefährlich für alle an Bord. Die Wikinger verwendeten für den Tiertransport also wahrscheinlich eher große Schiffe, die zusätzlich mit verschiedenen Rampen und Holz-Konstruktionen ausgestattet waren.
Seltenes Foto von der Rekonstruktion des Pferdetransports, 1963
Edgar Pachtas Archiv
Solche „Versorgungsschiffe“ gehörten wahrscheinlich zum Heer von Wilhelm dem Eroberer, der 1066 England eroberte.
Sachsen gegen Normannen
Noch im 11. Jahrhundert bildeten die Sachsen und Skandinavier in England eine sehr enge ethnische Gruppe. Ihre Infanterietruppen sollten jedoch bald mit der gepanzerten Kavallerie des normannischen Herzogs - Wilhelm der Eroberer - zusammenstoßen.
Das Rückgrat der sächsischen Heere bildeten ursprünglich kleinere Gefolgschaften mit ihren Häuptlingen. Später wurden sie zu der persönlichen Leibgarde von skandinavischen Adligen und Königen - Huskarls (huescarles).
Da der König und seine Leibgarde nicht überall sein konnten, waren die Statthalter (Jarls, eorls) für die lokale Verteidigung zuständig.Im Falle einer Bedrohung riefen sie eine Miliz (fyrds) zusammen, die aus freien Bauern bestand. Da sich die Mitglieder der Heimwehr keine teure Ausrüstung leisten konnten, wurden sie durch Söldner begleitet.
Duell im Sattel
Foto: Šárka Bejdová
Die angelsächsischen Krieger benutzten Pferde mehr oder weniger nur zur Fortbewegung und kämpften dann ohne sie. Ihre Rüstungen waren von guter Qualität, aber sie trugen sie nur selten, wie historische Quellen andeuten.
Im Kampf verwendeten sie Schwerter, Speere und Äxte
Die Waffen der angelsächsischen Krieger unterschieden sich nicht wesentlich von der Wikingerwaffen. Zu Beginn des Mittelalters war das Schwert noch nicht so weit verbreitet. Es war eine teure Waffe, die sich nur wohlhabendere Menschen leisten konnten. Das Schwert wurde verwendet, um einem Gegner den letzten Schlag zu versetzen.
Der Speer war die billigste und daher am weitesten verbreitete Waffe. Für die Wikinger war der Speer die drittwichtigste Waffe (nach Schwert und Axt), mit einer elegant geformten Spitze, befestigt an einer Holzstange.
Die Länge des Speers lag zwischen 2,5 und 3 m. Der etwa 2,5 cm dicke Schaft war am Ende schmaler, und wir wissen, dass für seine Herstellung Eschenholz verwendet wurde - so häufig, dass der Begriff askr zum Synonym für das altnordische Wort spjót wurde.
Ein Speer mit Flügeln, verwendet von Wikinger sowie auch Sachsen
Sie benutzten dann mehrere Varianten von Wurfspeeren von etwa 1,5 m Länge - zum Beispiel Angon hatte einen langen Metallschaft, ähnlich wie das römische Pilum.Sie verwendeten auch schwere Zweihandäxte, und Bögen für den Fernkampf.
Die Sachsen verwendeten auch fränkische Wurfaxt (auch Franziska, benannt nach den Franken), eine leichte Wurfwaffe, die ihr Besitzer oft an einem langen Seil befestigt trug und nach dem Wurf zurück zu sich ziehen konnte.
Franciska
Eine beliebte Waffe war das Sax (auch Seax oder Scramasax), ein Kampfmesser altgermanischen Ursprungs, das von der Zeit der Völkerwanderung bis zur Wikingerzeit verwendet wurde. Die kürzeren Saxmesser waren zwischen 7 und 35 cm lang, die längeren 75 cm und mehr.
Der Name des germanischen Stammes der Sachsen wurde wahrscheinlich von dem Messernamen Sax abgeleitet - zumindest war ihr Hauptgott Saxnot der legendäre Vorfahre der Sachsen in der angelsächsischen Mythologie. Nicht nur Männer, sondern auch Frauen trugen das Messer mit ihrer gewöhnlichen Kleidung und übten systematisch den Umgang mit dieser Waffe.
Auch die Schilde der Sachsen unterschieden sich kaum von Wikinger-Schilden. Sie waren rund und hatten anfangs einen Durchmesser von etwa 45 cm, um die Beweglichkeit der Wikinger nicht zu verschränken. Nach der Besiedlung Englands wurden sie größer und übernahmen schließlich die von den Normannen bekannte und charakteristische Mandelform.
Die Helme der Wikinger, Sachsen usw. waren konisch geformt, manchmal mit Rosshaar oder Federn verziert (die so genannten „Flügelhelme“). Wikinger-Helme wurden nie mit Hörnern verziert! Helme mit Hörnern sind also nicht historisch - die Hörner wurden erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts von patriotischen deutschen Studenten hinzugefügt, denn sie hielten sie für historisch.
Wikinger Langsax mit Knochengriff
Auch die Iren zogen in den Krieg
Wie die Sachsen standen auch die keltischen Iren den skandinavischen Eindringlingen zunächst schwach und unzusammenhängend gegenüber. Die wichtigsten Einheiten irischer Streitkräfte waren die Ceithearn (Kern), leichte Infanterie-Söldner. Sie verwendeten Speere (gae) oder Schwerter (claideamh), lange Dolche (scian), Bögen (bogha) und mehrere Arten von Speeren oder Wurfpfeilen (gá-ín). Nach und nach übernahmen die irischen Krieger von den Wikingern die Kettenrüstung.
Mandelförmiges Normannenschild. Verzierungen in Form von stilisierten Vögeln waren zu dieser Zeit sehr beliebt
Kommentare (1)
Danke für den schönen Artikel!